ZU BESUCH IM HÖRKONTOR IN HAMBURG

Von Martin Schaarschmidt (GN Hearing) / Fotos: Schaarschmidt

»Das Gesamtpaket stimmt  und die Zusammenarbeit ist auf Augenhöhe«

»IHR PREMIUM-AKUSTIKER« steht über dem Eingang zum hellen, geräumigen Fachgeschäft im noblen Hamburger Stadtteil Harvestehude. In moderner, gemütlicher Wohnzimmeratmosphäre empfängt uns Inhaber Michael Rhein. In unserem Interview soll es nicht nur allgemein um das Hörkontor gehen: Michael Rhein ist Beltone-Partner. Das Beltone-Portfolio bietet GN als eine exklusive Fachhandelsmarke ausschließlich inhabergeführten Unternehmen an. Was das bringt,  das wollten wir hier erfahren.

»Viele Kunden gehen lieber in die Boutique als ins große Kaufhaus« – das »Hörkontor« im Hamburger Stadtteil Harvestehude

Herr Rhein, Sie unterhalten zwei Fachgeschäfte in Hamburg und in Lüneburg und Sie nennen sich »Premium-Akustiker«. Wofür steht das »Premium«?

Es steht keinesfalls für »teuer«, denn wir bieten auch sehr gute zuzahlungsfreie Lösungen. »Premium« bedeutet für mich Zeit. Wir betrachten den Kunden als Ganzes und nehmen uns Zeit für ihn – für die bestmögliche Anpassung der bestmöglichen Technik. Und der Kunde soll Zeit haben, sich für seine Lösung zu entscheiden. Dabei begleiten wir ihn und wir bieten ihm gutes Handwerk. Viele Leute in Hamburg wollen diese Art Premium-Versorgung. Es gibt hier auch zahlreiche Ketten; ich will gar nicht sagen, dass die schlecht arbeiten. Doch viele gehen lieber in die Boutique als ins große Kaufhaus. Genau diese Leute holen wir ab. Wir empfangen sie in einem Wohnzimmer des guten Hörens, beraten sie gut. Danach ist ihnen der Preis immer noch wichtig. Aber er ist nicht mehr so wichtig, dass sie dafür woandershin gehen. Und wie gesagt: Alle werden gleich gut bedient. So macht uns die Arbeit auch mehr Spaß.

Wie nehmen Sie Ihre Anpassungen vor?

Statt der klassischen Methode mit Perzentilanalyse setzen wir mittlerweile mehr auf audiosus. An sich klingen alle Geräte gut. Ob ein System für den Kunden gut klingt, dafür ist die Anpassstrategie entscheidend. Mit audiosus wird der Kunde noch mehr in die Anpassung einbezogen, man kommt schneller ans Ziel. Es gibt dem Kunden zusätzlich Sicherheit, weil die Geräte wirklich nach seinen klanglichen Vorlieben eingestellt werden, nicht nur nach vorgegebenen Algorithmen. Als Basis nutzen wir DSL v5.0. Und wir bereiten den Kunden vor: »Vielleicht klingt es anfangs etwas härter, aber es ist wichtig, dass Sie Ihr Gehirn fordern und fördern.« Nach zwei Wochen geben wir noch ein zweites Programm dazu. Unterstützend bieten wir Hörtherapie.

Sie haben auch einen Otoscan. Wie passt das zu Ihrem Selbstverständnis als Handwerker?

Das passt sogar sehr gut zusammen. Auch wenn ich da immer etwas schmunzeln muss: Wir nehmen kaum noch Abdrücke und nutzen unseren Scanner. Doch dass das kein Handwerk mehr ist, denken nur diejenigen, die noch nie dauerhaft mit ihm gearbeitet haben. Die Abdrücke werden länger und damit besser. Aber es ist eine Kunst, den Scanner korrekt zu bewegen. Ehe bei uns jemand Schirmchen bekommt, muss er das ausdrücklich wollen. Selbst dann erklären wir ihm: »Dann machen wir Ihnen ein maßgefertigtes Schirmchen; das hält auch länger.« Das Handwerk wird bei uns nicht weniger, ganz im Gegenteil. Die Digitalisierung bringt neue Herausforderungen und zugleich Chancen, die wir nutzen sollten. Das Handwerk entwickelt sich weiter. Aber unser Ziel bleibt gleich: Der Kunde soll am Ende glücklich sein.

»Wir empfangen unsere Kunden in einem Wohnzimmer des guten Hörens« – Blick ins »Hörkontor«

Verändern sich auch die Kunden?

Im Schnitt sind sie heute jünger. Natürlich haben wir nur wenige 30- oder 40-Jährige. Aber mit 50 geht es schon los, mitunter auch früher. Selbst HNO-Ärzte raten inzwischen: »Je früher, desto besser.» Kunden möchten einfach perfekt sein und auch in Gesellschaft kommunizieren. Sie tragen Brille, also tragen sie auch Hörgeräte.

Wie wichtig sind diesen jüngeren Kunden Hörsystem-Marken?

Mein Eindruck ist, dass deren Stellenwert zunimmt. Durch das Internet rücken Hörgeräte-Marken mehr und mehr ins Bewusstsein der Leute. Ich nutze insgesamt fünf Hersteller-Marken. Mir ist wichtig, dass die eine gute Außendarstellung haben. Und ich bevorzuge Marken, die nicht wie warme Semmeln an jeder Ecke verkauft werden. Hamburg ist ein umkämpftes Pflaster. Sie müssen etwas bieten, was andere vielleicht nicht haben. Umso mehr freut es mich, dass GN die Marke Beltone neu aufgelegt hat.

Seit wann nutzen Sie die Marke?

Ich habe Anfang letzten Jahres damit angefangen. Ursprünglich kannte ich Beltone vom US-amerikanischen Markt. Fan der GN Produkte bin ich seit dem ersten Hörgerät für das iPhone. Das fand ich damals sehr innovativ. Und Beltone macht das wirklich gut – schon das Branding in Blau. Hier in Hamburg heißt es: »Du darfst alles tragen, Hauptsache, es ist dunkelblau.« Für mich ist da also schon mal so ein Hanseatischer Touch. Auch die Innovationskraft der Marke ist enorm. Die Geräte sind klein, extrem komfortabel, mit Akku. Wir können sie von Null bis Zehn in allen Preissegmenten anbieten. Sie liegen nicht in jedem Schaufenster, vor allem nicht bei den großen Ketten. Und die Marke ist in vielen Ländern bekannt. Neulich rief die Nichte einer Kundin an: Ihre Mutter kommt aus Südamerika nach Hamburg; ob wir auch Beltone-Hörgeräte hätten, ihre Mutter trägt nichts anderes.

Inwieweit wird die Marke anders wahrgenommen als eine Lizenzmarke oder ein Private Label?

Da sind für mich erhebliche Unterschiede. Beltone ist eine tatsächliche eigenständige Marke. Was bringt mir eine Linzenzmarke, bei der ich zuerst an Rasierer und elektrische Zahnbürsten denke? Oder eine, an die sich vielleicht die 80-Jährigen noch erinnern, die heute aber ebenso für billige Fernseher genutzt wird? Zumindest in Hamburg funktioniert sowas nicht. Wir haben aufgeklärte Kunden, die online recherchieren. Oder Kinder recherchieren für die Eltern. Ein Private Label finden sie online nirgendwo. Aber sie finden Beltone: »Guck dir die Kommentare an. Da schreiben sie: Ich hab‘ das auch und es ist super …«

Ist es das? Welche Rückmeldung bekommen Sie zu den Systemen?

Ich habe einen Kunden, der von einem Wettbewerber zu uns wechselte und erst Geräte eines anderen Herstellers trug. Die Geräte waren handwerklich gut angepasst, er war dennoch nicht zufrieden. Also wollte ich ihn Beltone Serene testen lassen; die Software gibt ja viele Möglichkeiten, um Feinheiten für besondere Bedürfnisse einzustellen. Ich wollte gerade beginnen, hatte die Geräte schon mit seinem Smartphone verbunden und im First Fit eingestellt, um sie mit audiosus feineinzustellen. Doch dann bekam der Kunde einen Anruf und ging kurz vor die Tür. Als er zurückkam, war er begeistert von der Qualität seines Telefonats: »Das klang super. Und die Nebengeräusche der Straße waren so natürlich!« Den Tragekomfort fand er ebenfalls fantastisch. Also fragte er, was ich eigentlich noch machen will. Er sei doch schon zufrieden …

Das spricht für eine hohe Spontanakzeptanz.

Die ist sehr hoch. Die wird bei den meisten Herstellern immer besser. Und bei Beltone ist die Resonanz generell sehr positiv. Das hat auch mit der Größe des microRIC zu tun. »So klein?! Und tatsächlich mit Akku?« Erkläre ich dann noch, dass die Akkus problemlos zwei Tage halten, und dass das Ladegerät eine Powerbank hat, sind die Geräte im Grunde schon verkauft. Wir versorgen 70 bis 80 Prozent unserer Kunden mit Beltone – sowohl Neu- als auch Folgeversorgungen.

»Das Handwerk entwickelt sich weiter, aber unser Ziel bleibt gleich: Der Kunde soll am Ende glücklich sein« – Michael Rhein (re.) mit den ben beiden Fillialleitern Eckhard Brunckhorst für Lüneburg (li.) und Kim Bellersen für Hamburg (Mitte) (Foto: Hörkontor)

Passen Sie auch die Im-Ohr-Bauformen an?

Auf jeden Fall. Seit der Pandemie und den Erfahrungen mit den Masken ist die Nachfrage deutlich gestiegen. Weiteres Plus sind die IdOs mit Akku; auch da war GN Vorreiter. Und Im-Ohr-Fertigung bietet uns gleichfalls die Chance, unser Handwerk herauszustellen. Auch hier nutzen wir Otoscan. Ohrabformungen machen wir nur noch für In-Ear-Monitoring – über unseren Partner Hörluchs. Die Qualität der IdOs von GN ist hervorragend. Sie haben ja die komplette Fertigung nach Spanien verlegt. Die Durchlaufzeiten sind spektakulär. Die Geräte sind ratzfatz im Zentrallager in Holland und am Tag darauf bei mir. Da reichte sogar schon mal eine Woche.

Nutzen Sie mehr die CIC- oder die Akku-Im-Ohr-Systeme?

Beide. Wobei sich das Akku-IdO für bestimmte Kunden empfiehlt. Ich sehe es nicht als Life-styleprodukt, obwohl es oft so beworben wird. Vielmehr eignet es sich für Kunden mit eingeschränkter Haptik. Ich habe eine Kundin mit Schlaganfall, für die die Systeme perfekt sind: aus der Ladebox nehmen und einsetzen, plug & play, nichts mehr hinterm Ohr fummeln … Auch für Pflegeeinrichtungen ist das gut.

Welchen Stellenwert hat Konnektivität bei Ihren Kunden?

80 Prozent meiner Kunden nutzen App-Steuerung und Streaming. Viele sind anfangs überrascht, dass man Hörgeräte schon mit dem Smartphone steuern kann. Und je jünger die Kunden sind, desto wichtiger ist das Streaming. Wir sprechen die mobile Vernetzung in jeder Beratung an. App-Steuerung ermöglichen wir auch bei zuzahlungsfreien Geräten. Die Fernanpassung nutze ich häufiger, die funktioniert sehr gut. Und wir bieten immer den TV-Streamer mit an. Manche Kunden schätzen die Verbesserung, andere sagen, dass sie ihren Fernseher auch ohne Streamer noch gut hören. Natürlich hängt das auch vom jeweiligen Fernseher und vom Raumklang ab.

Mit Beltone Serene können Sie bereits Bluetooth LE Audio und Auracast anbieten. Spielt das für Sie schon eine Rolle?

Für mich ist das ein entscheidender neuer Techniksprung. Da möchte ich dabei sein. Ich bin absoluter Technikfan. Und ich finde es toll, dass auch hier wieder GN die ersten sind, die das Thema Auracast spielen. Darauf freue ich mich sehr und habe schöne Ideen, die ich mit GN vorantreiben möchte. Ich denke an Aktionen im Kino oder im Theater. Und ich bin sehr gespannt, wie die Kunden Auracast wahrnehmen. Bisher hat nur ein Kunde explizit danach gefragt. Bei allen anderen sprechen wir es aktiv an. Mitunter ist das maßgeblich für die Entscheidung zwischen mittlerer und gehobener Preisklasse. Die Kunden wollen für die Zukunft gerüstet sein und wir Akustiker müssen ja immer in die Glaskugel schauen und die Entwicklungen der nächsten sechs Jahre voraussagen. Immerhin können wir mit dem TV-Streamer+ schon eine Anwendungsmöglichkeit bieten.

Welchen Service erhalten Sie als Beltone-Partner?

Auch das ist ein wichtiger Punkt, warum ich mit GN zusammenarbeite. Sie haben ja nahe der holländischen Grenze ein neues Logistikzentrum gebaut. Damals meinte mein Kundenberater: »Wenn du Geräte bis zwölf bestellst, sind sie morgen bei dir.« Ich hielt das für Quatsch und habe es ausprobiert; die Geräte waren am nächsten Tag da. Geht es darum, Kunden sofort glücklich zu machen, muss ich sie höchstens auf den nächsten Tag vertrösten, falls ein Gerät mal nicht im Lager sein sollte. Die Bestellungen machen wir nur noch online über pro.resound.com, weil das Aufwand und Zeit spart [Onlineshop für Akustiker, Anm. d. Red.]. Größter Vorteil ist, dass ich so jede Bestellung nachvollziehen kann und immer weiß, wo sie ist. Auch Otoplastiken – unsere »maßgefertigten Domes« – bestellen wir dort; die sind sehr günstig und sollten sie nicht passen, können wir sie zurückgeben. Toll finde ich auch, dass man für sehr moderaten Aufpreis die Gerätegarantie verlängern kann.

Haben Sie bei GN einen festen Ansprechpartner?

Einen festen Ansprechpartner im Außendienst haben wir bei allen Herstellern, mit denen wir zusammenarbeiten. Bei GN ist das Jördis Cohrs, mit ihr funktioniert das hervorragend. Außerdem haben wir für Beltone auch einen persönlichen Ansprechpartner im Innendienst – und mit Herrn Averesch jetzt sogar im Marketing. Dadurch muss man nicht bei jedem Kontakt die gleichen Themen noch einmal erklären. Die Betreuung erfolgt auf sehr hohem Niveau. Auch das Training und die audiologische Hotline sind sehr gut. Mit Werbemitteln werde ich ebenfalls ausreichend versorgt – Passanten-Stopper, Demo-Display usw. Anderseits stehen Produktmarken bei mir nicht im Mittelpunkt; da setze ich vor allem auf meine eigene Marke. Und ich habe immer eigene Marketing-Ideen. Wir engagieren uns zum Beispiel auf der »Acoustics«, einer Hamburger Plattform für junge Musiker. Hier starten wir jetzt gemeinsam mit Beltone eine Kampagne, verlosen Gehörschutz und bringen dem Publikum zugleich das Hörakustiker-Handwerk näher.

»Bei Beltone ist die Resonanz generell sehr positiv« – Bauformen des Hörsystems Beltone Serene

Worauf setzen Sie sonst im Marketing?

Viele Kunden kommen über Empfehlung. Zeitungsanzeigen kosten viel Geld und der Return of Invest geht gegen Null. Wir nutzen Kampagnen mit Google Ads, die unsere Agentur entwickelt. Und wir gehen dorthin, wo die Menschen sind. Kürzlich waren wir mit Gehörschutz auf einer Motorradmesse. Dort war unser Angebot erstaunlich gut nachgefragt. Jeder, der jetzt kommt, um seinen Gehörschutz fertigen zu lassen, erhält von uns gleich einen Hörtest …

Würden Sie Beltone auch Kollegen empfehlen?

Ja, absolut. Das habe ich auch schon getan; nicht nur wegen der tollen Marke. Man bekommt gute Produkte und ein gutes Team. Das Gesamtpaket stimmt und die Zusammenarbeit ist auf Augenhöhe. Das ist mir persönlich immer wichtig. Und ich brauche Ehrlichkeit, wenn mal was nicht läuft. Probleme waren absolut selten. Und wenn, gab es immer eine Lösung: »Ja, was Sie uns schildern, haben auch schon zwei andere bemerkt. Aktuell kennen wir die Lösung noch nicht, aber wir sind dran …« So ist das viel besser, als Dinge unter den Teppich zu kehren. Und Sympathie ist natürlich auch wichtig. Ich habe mich irgendwann entschieden, nur noch mit Menschen zusammenzuarbeiten, mit denen ich gerne zusammenarbeite. Alles andere brauche ich nicht.

Herr Rhein, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.

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